Äthiopien: Wassergedanken

Am 06.12.2011

Von Dr. Robert Petzhold

Im August/September 2011 bereiste ich als Teilnehmer eines Evaluierungsteams des Roten Kreuzes die von der Trockenheit betroffenen Gebiete im südlichen Äthiopien. Die Mission führte uns über 3700 Kilometer in verschiedene Gebiete der Oromia Region. Wir lebten selbst unter sehr einfachen Verhältnissen und auch wir hatten manchmal mehrere Tage hintereinander kein Wasser zur Verfügung.

Erst dann wird einem so richtig klar, welch wichtigen Stellenwert Wasser in unserer aller Leben einnimmt. Das ist in Afrika das Gleiche wie in Deutschland, nur in Deutschland fällt es keinem mehr auf, weil es einfach zur Selbstverständlichkeit geworden ist, stets und ständig genügend Wasser (noch dazu in Trinkwasserqualität) zur Verfügung zu haben.

An einer Wasserverteilstelle türmten sich hunderte leerer Plastikkanister auf und warteten darauf, durch einen Wassertanklastwagen gefüllt zu werden. Wann genau er kommen wird, ob heute, morgen oder in ein paar Tagen, war nicht klar. Den Menschen blieb nichts anderes übrig, als sich in Geduld zu üben.

In einem anderen Dorf erfuhren wir in Gesprächen mit der Dorfbevölkerung, dass das Wasser teilweise aus zehn bis 15 Kilometer Entfernung geholt wird. Dies ist wie überall in Afrika Aufgabe der Frauen, die die gefüllten Kanister mit 20 bis 30 Litern Inhalt auf dem Kopf balancieren. In manchen Fällen haben sie Esel als Tragtiere zur Verfügung. In jedem Fall aber wird die Strecke zu Fuß zurückgelegt und das in unerträglicher Hitze, der Sonne und dem Staub ausgesetzt. Häufig ist dies die einzige, Tag füllende Tätigkeit.

Im Gespräch mit den Dorfbewohnern, erwägt das Rotkreuz-Team, welche Maßnahmen notwendig sind.

Am Ende stehen einer Familie 20 bis 30 Liter Wasser in schlechter bzw. nicht Trinkwasserqualität zur Verfügung. Je nach Größe der Familie, die durchaus bis zu zehn Mitglieder haben kann, stehen jeder Person zwei bis vier Liter pro Tag zur Verfügung: zum Trinken, Waschen und Kochen. In Notsituationen ist für die Wasserversorgung ein Standardwert von 15 Litern pro Person und Tag festgelegt. Davon sind wir hier weit entfernt.

Wenn man sich dann durch den Kopf gehen lässt, dass eine Badewannenfüllung in Deutschland ca. 150 bis 200 Liter umfasst, und der durchschnittliche Tagesverbrauch eines Deutschen bei 127 Litern liegt, kann das Angesichts dessen, was ich in den Dörfern Südäthiopiens gesehen habe, schon sehr nachdenklich stimmen.

Auch was die Wasserqualität anbelangt, habe ich erschreckende Dinge gesehen. Der Wassertanklastwagen, der alle paar Tage das unentbehrliche Nass bringt, entlädt das Wasser in eine handgeschaufelte Grube, die mit einer Plastikplane ausgelegt ist, um das Versickern im Boden zu verhindern. Eine zweite Plane, die darüber gespannt wird, soll Verunreinigung verhindern, was leider so gut wie nicht gelingt. In einem anderen Fall war die Wasserquelle eine Tiertränke, die von Mensch und Tier gleichermaßen genutzt wurde.

Als Assessment-Team haben wir daher dem Äthiopischen Roten Kreuz empfohlen, umgehend zusätzliche Wassertanklastkraftwagen bereitzustellen, um die Lücke in der Wasserversorgung mit Wassertanklastern zu schließen. Außerdem müssten 5.000 und 10.000 Liter fassende Wassertanks und Aufbereitungstabletten beschafft und verteilt werden, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, Wasservorräte anzulegen und lange Wege zu ohnehin verschmutzten Tränken zu ersparen.

[Anmerkung der Redaktion: Das DRK arbeitet derzeit aktiv mit dem Äthiopischen Roten Kreuz an einer dauerhaften Lösung für die Wasserversorgung. In der Planung sind zwei Projekte zur Rehabilitation von Tiefbrunnen, Wasserverteilstellen, Rückhalte- und Auffangbecken, sowie Hygieneschulungen. Obwohl es im Oktober und November den ersehnten Regen gab, ist die Krise in den Ländern am Horn von Afrika noch längst nicht gelöst. Das Rote Kreuz ist weiterhin in Äthiopien und sorgt für nachhaltige Hilfsmaßnahmen.]

1 Kommentar zu “Äthiopien: Wassergedanken

  1. Gibt es Gebirgsberge in Ä.?gibt es Überschwemmungen?wieviele Stauseen vor Ort?Wo wird das Land von Chinesen gekauft? DR.med.Henning Moeller,D.E.A.A. sagt:

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