Am 4. August 2020 um ca. 18:07 Uhr erschüttert eine gewaltige Explosion die libanesische Hauptstadt Beirut. Durch die Wucht und die Druckwelle wurden der Hafen zerstört und umliegende Gebiete schwer beschädigt. Etwa 6.000 Menschen wurden verletzt und mindestens 200 Personen getötet. 300.000 Menschen verloren durch die Katastrophe ihr Obdach. Mehrere Krankenhäuser der Stadt wurden teils stark beschädigt.

Das Libanesische Rote Kreuz (LRK) hat unmittelbar nach der Explosion alle Einsatzkräfte des landesweiten Rettungsdienstes alarmiert. Insgesamt waren 75 Ambulanzen und 375 Rettungskräfte aus dem ganzen Land pausenlos im Einsatz. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) arbeitet bei seinem Hilfseinsatz eng mit dem LRK zusammen.

Die Katastrophe trifft das Land schwer. Die COVID-19-Pandemie, und dazu eine Finanz- und Wirtschaftskrise haben bereits sämtliche Strukturen des Landes stark geschwächt. Für die vielen Betroffenen ist die Explosion auf verschiedenen Ebenen ein schrecklicher Schicksalsschlag.

Viele haben ihre Liebsten verloren, andere sind verletzt oder haben ihr Zuhause verloren. Die zerstörten Wohnungen können aufgrund der steigenden Preise für Material, wie Holz, Aluminium und Glas – und den Wertverlust der libanesischen Lira – nicht sofort wiederaufgebaut werden.

Das DRK ist seit vielen Jahren vor Ort aktiv und steht in engem Austausch mit seinem langjährigen Partner, dem Libanesischen Roten Kreuz. Ein Hilfsflug mit 43 Tonnen Hilfsgütern wurde vier Tage nach der Explosion nach Beirut entsendet. Insgesamt hat das Auswärtige Amt den DRK-Hilfsflug mit mehr als 1,5 Millionen Euro unterstützt. Die 43 Tonnen Hilfsgüter entsprechen in etwa der Ladung von sechs großen LKWs mit Anhänger.

Mit an Bord waren: Erste-Hilfe-Sets, Verbandsmaterialien, Decken, Werkzeuge für den Aufbau von Notunterkünften, Küchenutensilien, Hygienepakete, Medizinische Hilfsgüter, Covid-19-Schutzausstattung.

Noch am selben Tag trifft der Hilfsflug in Beirut ein und wird von Botschafter Andreas Kindl in Empfang genommen. Direkt wird das Hilfsmaterial gelagert und an die Verteilstellen ausgeliefert, damit es so schnell wie möglich bei der betroffenen Bevölkerung ankommt.

Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung arbeitet nach der Explosion in Beirut Hand in Hand und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Notfalloperation des Libanesischen Roten Kreuzes. Im ersten Monat nach der Explosion konnte das LRK so mehr als 51.000 Menschen mit Hilfsgütern erreichen.
Außenminister Heiko Maas überreicht am 12.08.2020 einen Scheck in Höhe von 1 Million Euro an das Libanesische Rote Kreuz für die humanitäre Hilfe nach der verheerenden Explosion.

Die Hilfe aus Deutschland erreicht die Betroffenen auf vielen Wegen. Mit finanzieller Hilfe des Auswärtigen Amtes arbeiten das DRK und das LRK zusammen, um die Menschen auch mit Bargeldhilfe zu erreichen. Ein wichtiges Projekt, welches den Betroffenen ein Stück Eigenbestimmung zurückgibt. Das Libanesische Rote Kreuz unterstützt insgesamt 9.800 Haushalte, ca. 1.000 davon mit deutscher Hilfe, die von der Explosion betroffen sind, mit 300 US-Dollar, umgerechnet ca. 250 Euro im Monat über einen Zeitraum von 7 Monaten. Auch Rania erhält die Bargeldhilfe und ist dafür sehr dankbar. „Mit der Bargeldhilfe des Roten Kreuzes kann ich Medikamente kaufen. Auch Lebensmittel und Kleider für die Kinder brauchen wir dringend“. (Siehe Blogbeitrag: Libanon: „Jeder überlebt nur noch.“

Pamela Saab ist 23 und arbeitet als Community Engagement and Accountability Officer im Katastrophenmanagement-Team des LRK. Sie ist schon seit 2018 beim Libanesischen Roten Kreuz. Nach dem Unglück war es ihre Aufgabe, die LRK-Hotline aufzusetzen, um die völlig überlastete Ambulanz-Hotline zu entlasten. Sechs Monate nach der Explosion schilderte sie uns ihre Eindrücke:
„Zwei Wochen lang haben wir nur gearbeitet, im Schock. Wir hatten keine Zeit darüber nachzudenken was passiert ist. Oder hätte passieren können. Das sind die Gedanken, die kommen, wenn man wieder ein wenig mehr Zeit hat. Was wäre passiert, wenn ich nicht nach Hause gefahren wäre, wenn ich im Office oder bei einem meiner Freunde im Zentrum Beiruts gewesen wäre. In meinem Büro an meinem Arbeitsplatz ist das Fenster auf den Schreibtisch geschleudert worden. All diese Dinge, die einem heute noch durch den Kopf gehen. Wir sehen immer noch überall die Zerstörung, Menschen fragen einen auf der Straße nach Medikamenten, die sie hier in den Apotheken nicht mehr bekommen. Die Explosion hat die Bedürfnisse auf allen Ebenen um ein Vielfaches vergrößert. Wir haben schon in einer Krise gelebt – 50 % der libanesischen Bevölkerung lebt mittlerweile unter der Armutsgrenze – und die Explosion hat das nur noch verschlimmert. Jetzt müssen sich die Menschen nicht nur Gedanken machen, wie sie Essen besorgen, sondern auch, wie sie ihr Zuhause wiederaufbauen können“.
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Fotos: DRK/Libanesisches Rotes Kreuz