Kempsey, ein großes Freigelände in New South Wales, zwischen Brisbane und Sidney, nahe der Südostküste Australiens: Normalerweise finden hier Viehausstellungen und Turniere statt. Während eine blutrote Sonne durch den Dunst aufsteigt, den der Rauch der Buschfeuer ringsum und der Staub der monatelangen Dürre erzeugt haben, begrüßen rund 170 Menschen den Tag. Es ist bereits fast eine Woche, die sie hier in unfreiwillig campieren.
Zuflucht bei den Freiwilligen vom Australischen Roten Kreuz
Die Familien wurden hierher evakuiert, seit die Buschfeuer Ende 2019 in den Hügeln im Südosten Australiens zu wüten begannen. Sie schlafen in Zelten, Wohnwagen oder in ihren Autos. Nicht wenige schlafen sogar nur auf einer Matratze unter den Sternen, welche durch den Rauch aber nicht zu sehen sind.
In der Halle des Ausstellungsgeländes sieht man als erstes ein paar freundliche Gesichter vom Australischen Roten Kreuz. Sie stehen am Eingang und begrüßen die Menschen, registrieren alle, geben Informationen und Ratschläge, verbinden die Betroffenen mit den zuständigen Fachdiensten und sind im Allgemeinen das offene Ohr, das viele jetzt brauchen.
Psychologische Erste Hilfe für vom Buschfeuer Traumatisierte
Die Freiwilligen sind in psychologischer Erster Hilfe ausgebildet. Untersuchungen haben ergeben, dass die Genesung der Menschen umso besser verläuft, je früher nach einem Trauma sie diese Art von Unterstützung erhalten können.
Die Emotionen sind verständlicherweise hoch. Einige Menschen haben ihr komplettes Zuhause verloren. Leider gab es im Bezirk auch bereits zwei Todesfälle. Und einige sind noch immer nicht voll über das Ausmaß des Geschehens informiert.
Kempsey ist das am stärksten beanspruchte Evakuierungszentrum in New South Wales während der aktuellen Buschfeuer-Katastrophe. Freiwillige Helferinnen und Helfer des Roten Kreuzes haben hier bereits mehr als 1.000 Menschen registriert.
Auch Vierbeiner sind willkommen
Eines der schönen Dinge an diesem Zentrum ist, dass auch Tiere willkommen sind. Es gibt Hunde, Katzen, Pferde, Vögel, Esel und sogar einen Büffel auf den angrenzenden Koppeln.
Paul und Pam Scanlon, die sich selbst evakuierten, als die Brände zu nahe kamen, sagen, dass die Atmosphäre auf dem Ausstellungsgelände ihnen hilft. Allein das Wissen, dass so viele Freiwillige da sind um zu helfen, gibt ihr „das Gefühl, dass sich die Menschen förmlich um einen herumwickeln“, so das Bild, das Pam dafür benutzt.
Tracy: Urlaub nehmen, um anderen zu helfen
Tracy Ayrton arbeitet seit zehn Jahren ehrenamtlich beim Roten Kreuz. Sie hat außerdem einen Vollzeitjob. Seit die Brände ausgebrochen sind, trägt sie am Wochenende und in der Nacht die Rotkreuz-Uniform. Jetzt hat sie doch Urlaub genommen, um besser helfen zu können.
Sie war aktiv im Evakuierungszentrum in Laurieton, wo 1.200 Menschen vor den Bränden Schutz suchten. Dann wurde sie nach Taree gerufen, wo sich auch eine große Anzahl der vom Feuer Betroffenen aus der Umgebung einfand. In der Nacht vor ihrer Ankunft hatten etwa 300 Menschen dort geschlafen.
„Es gab viele Menschen, die alles verloren hatten. Die sich schuldig fühlten, weil sie ihr Eigentum zurückgelassen hatten“, erinnert sie sich.

„Es sind viele Menschen hier, die sich bewusst werden, was passiert ist, die die Ungeheuerlichkeit der Situation langsam begreifen. Sie haben ihre Viehzäune und Weiden verloren, sie haben Tiere, die kein Futter haben oder verletzt sind, und solche Dinge.“
„Der Grund, warum ich eine Rotkreuz-Freiwillige bin, ist das Einfühlungsvermögen, das wir den Menschen zeigen können, und dass wir uns wirklich um sie und ihre psychische Gesundheit, ihre Familie kümmern und dafür sorgen, dass sie an einem sicheren Ort sind.“
Cilla kann voraussichtlich vom Nothilfe- und Wiederaufbau-Fonds des Australischen Roten Kreuzes profitieren
Cilla floh zusammen mit ihren beiden Hunden und lebt seitdem in ihrem Auto auf dem Gelände. Sie sagt, sie kommt aus einem abgelegenen Ort bei Willawarren, wo sie sich plötzlich mitten in der sich schnell bewegenden Feuersbrunst befand.
„Die Front kam näher. Es war so beängstigend. Es war alles einfach nur rot und die Hunde drehten durch“, sagt sie. „Wir atmeten all diesen schwarzen Rauch ein. Niemand wusste, dass es so nah kommen würde, und ich fühlte mich im Busch nicht mehr sicher.“
Sie und ihre Hunde gehörten zu der ersten Gruppe von Menschen, die mitten in der Nacht auf dem Kempsey-Ausstellungsgelände ankamen. „Und seitdem sind Tausende hier durchgekommen.“

Über das Schicksal ihres Hauses weiß sie noch immer nichts. „Meine Berge sind weg. Meine einzige Hoffnung ist, dass ich ja in einem Regenwaldgebiet lebe. Und dass das Grün dem Feuer widersteht – aber oh, die Glut war furchtbar!“
Cilla hat nur Lob für die Rotkreuz-Freiwilligen auf dem Turniergelände, die zusammen mit den anderen Hilfsorganisationen rund um die Uhr daran gearbeitet haben, den betroffenen Menschen wieder auf die Beine zu helfen.
„Ich denke immer, dass es am Ende des Tages eine Lösung geben wird“, sagt sie. Sie wird Hilfe aus dem Nothilfe- und Wiederaufbau-Fonds des Australischen Roten Kreuzes beantragen, falls ihr Haus wirklich nicht mehr steht.
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Fotos: Susan Cullinan/Australisches Rotes Kreuz, Dilini Perera/Australisches Rotes Kreuz