Den Weg des Bambus erforschen – meine ersten vier Wochen auf den Philippinen als EU Aid Volunteer

Am 14.08.2019 von Janina Jasper
Janina Jasper mit Kollegen vom Philippinischen Roten Kreuz
Janina Jasper und ihre Kolleginnen und Kollegen vom Philippinischen Roten Kreuz. Foto: Luciano Jimenez

Janina Jasper ist zur Zeit als EU Aid Volunteer für das Deutsche Rote Kreuz in Manila auf den Philippinen. Begeistert ist sie von der quirligen asiatischen Metropole und von der Atmosphäre im Red Cross Tower, wo Rotkreuz-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus aller Welt zusammenarbeiten.

Ein EU Aid Volunteer (EUAV) – was ist das eigentlich? Zum ersten Mal hörte ich von diesem Programm 2018 während einer Rucksackreise durch Argentinien und Chile. Wieder zu Hause in Europa, fand ich heraus: das EUAV-Programm ist eine Initiative, die zum Ziel hat, EU-Freiwillige und Organisationen aus verschiedenen Ländern in gemeinsamen humanitären Projekten zusammenzubringen. Besonders gefiel mir das Angebot des DRK. Sofort bewarb ich mich, denn ich wollte mehr über die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung erfahren – und jetzt bin ich ein Teil davon.

Am Flussufer in Manila

Im Mai 2019 begann mein Einsatz beim DRK auf den Philippinen in der Katastrophenvorsorge. Mit mehr als 7.600 Inseln sind die Philippinen besonders durch Naturkatastrophen wie Taifunen und Überschwemmungen bedroht. In den nächsten 11 Monaten werde ich das DRK und das Philippinische Rote Kreuz unterstützen. Mich interessiert besonders die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit (Resilienz) – oder wie die Menschen in Asien sagen würden, den Weg eines Bambus zu erforschen, der auch unter widrigen Bedingungen seinen Weg findet und mit voller Geschwindigkeit weiter wächst! Meiner Meinung nach ist Resilienz nicht nur eine Strategie zur Bewältigung von Katastrophen, sondern der Schlüssel zur Entwicklung und zum Kapazitätsaufbau einer zukunftsfähigen Organisation oder Gesellschaft.

Blick über den Fluss von Manila

Meine spezielle Aufgabe: eine Toolbox für Mitmach-Angebote zur Katastrophenvorsorge in Schulen und Gemeinden zu entwickeln. Die Aktivitäten sollen z.B. Jugendlichen helfen, den Klimawandel zu verstehen und ihr Verhalten entsprechend anzupassen. Beispiele für Aktivitäten sind Klimawandel-Challenges, Gefahrenkartierungen, prognosebasierte Entscheidungsspiele, Erdbebensimulationen, Resilienz-Camps sowie Poster-Wettbewerbe und Kunstworkshops. Durch mehr Bewusstsein sollen die Auswirkungen von Unwetterereignissen und anderen Katastrophen vermindert werden. Zudem werde ich das Philippinische Rote Kreuz in der Entwicklung ihres strategischen Fahrplans zur Katastrophenvorsorge – besonders hinsichtlich Sensibilisierungskampagnen – unterstützen.

Arbeitsplatz für EU Aid Volunteer: Red Cross Tower

Mein Büro bzw. Schreibtisch befindet sich im sogenannten Red Cross Tower in Mandaluyong City, dem nationalen Hauptsitz des Philippinischen Roten Kreuzes in Manila. Der Turm hat zehn Stockwerke und bietet von der oberen Terrasse einen tollen Blick auf die Stadt und die meist überfüllte Hauptstraße, die durch Manila hindurchführt.

Jeden Tag treffe ich im Turm Delegierte vieler nationaler Gesellschaften des Roten Kreuzes, auch unser DRK-Team ist multikulturell: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen momentan von den Philippinen, aus Indien, Frankreich, Spanien, Estland und Deutschland.

In den ersten Wochen habe ich mir ein Büro mit Delegierten des Finnischen Roten Kreuzes geteilt, eine großartige Gelegenheit, alte Erinnerungen an die Erasmus-Studienzeit in Finnland aufzufrischen sowie neue Kontakte zu knüpfen. Als eine finnische Delegierte die Heimreise antrat, gab sie mir ihre Kaffeetasse aus Finnland – was für ein schönes Willkommensgeschenk für meinen neuen Job hier!

EU Aid Volunteer-Notizbuch, Laptop und Tasse
Nach der Arbeit treffe ich Florence aus Frankreich am Fahrstuhl: „Ich mag dein T-Shirt mit der EU! Ich hatte eine EU-Flagge auf meinem Fahrrad, als ich in London gelegt habe.“ Florence arbeitet nur für kurze Zeit im Rot-Kreuz-Turm in Manila und sonst in Yangon an einer Machbarkeitsstudie für das Rot-Kreuz-Klimazentrum in Myanmar und auf den Philippinen. Es ist so interessant zu erfahren, welche Rolle jeder beim Roten Kreuz spielt. Unten angekommen verabschiede ich mich von Florence und mache mich entlang des Flusses Pasig auf den Heimweg zu unserer Unterkunft. Während ich durch die Straßen der ‚Barangays‘,also den Vierteln von Mandaluyong spaziere und in den hiesigen Geschäften frisches Gemüse zum Abendessen einkaufe, reflektiere ich über meine ersten vier Wochen hier…

…Ich muss unserer EUAV-Freiwilligen-Koordinatorin in Berlin noch meinen monatlichen Bericht über Fortschritte, Herausforderungen, Höhepunkte und Pläne zusenden. Die ersten Wochen boten mir als EUAV eine Fülle von Erfahrungen: Die Anpassung an andere Arbeitsabläufe zeigt, dass einige Prozesse Zeit in Anspruch nehmen und Geduld erfordern. Die multikulturelle Arbeitskultur ist ideal, um Diplomatie zu üben. Der nächste Höhepunkt, auf den ich mich freue, wird ein zehntägiger Feldbesuch in die Projektregionen in Luzon, der nördlichsten der drei Hauptinseln auf den Philippinen sein.

Angekommen in unserem neuen Zuhause auf Zeit stelle ich fest, dass wir uns glücklich schätzen können: Von hier aus kommen wir schnell zu Einkaufszentren und Freizeiteinrichtungen wie einem Fitnesscenter und einem Schwimmbad. Und wir können zu Fuß zu unserem Büro gehen. Mehr Glück haben wir, wenn Edwin, einer unserer DRK-Fahrer, nicht gerade im Einsatz ist und uns morgens abholt. Dann können wir sicher sein, dass wir ‚trocken‘ im Büro ankommen.
Straßenszene in Manila mit Rotkreuzwagen

Ein besonderes Geschenk ist auch Bianca, eine lokale Rotkreuz-Freiwillige, die uns regelmäßig mit Informationen zu Freizeitaktivitäten, philippinischer Literatur und kulturellen Erlebnissen versorgt. An zwei Wochenenden hat sie uns mit großem Engagement durch die Metropole Manila geführt und unser Interesse für die philippinische Kultur geweckt: Mit ihr sind wir im Frauenabteil des Stadtzugs quer durch Manila gefahren, haben Mango-Shake gekostet und Streetfood im ‚Turo Turo‘ in der Hausgasse der Straßenhändler probiert, wo kleine Verkäufer zu günstigen Preisen verschiedene lokale Gerichte anbieten.

Straßenecke in Manila mit Streetfood-Wagen
Das Angebot von Streetfood auf den Philippinen ist farbenfroh.

Wir sind von heftigen Regenfällen überrascht worden, haben Zuflucht im Geschichtsmuseum gefunden und den geheimen Aussichtspunkt des Hotels über die ‚Intramuros‘ (ältester Bezirk von Manila) erklommen, das historisch-kulturelle Fest in Escolta (erstes Geschäftsviertel von Manila) besucht und den Campus der Universität von Santo Tomas erkundet; vor allem letzteres war eine Erkundung außerhalb touristischer Sehenswürdigkeiten, da das Betreten des Campus starke Überzeugungsarbeit erforderte, ohne dass wir unsere Pässe abgeben mussten (nach unserem intensiven EUAV-Training ein absolutes No-Go!).

Und wenn das Wochenende eher geruhsamer verläuft, gibt es in jedem Fall den Freiwilligen-Austausch in unserer WhatsApp-Gruppe. Hier trainieren wir im Prinzip täglich unsere Kommunikationskompetenz; denn wir stehen vor der Regenzeit und bereiten uns auf die Taifun-Saison von Juli bis November vor. In diesem Zeitraum wird auf den Philippinen jährlich mit mindestens 20 Taifunen gerechnet. Ich bin gespannt auf die Herausforderungen der kommenden Monate.
Straße in Manila mit Fahrzeugen und Passanten

Für mich ist der Freiwilligendienst als EUAV eine großartige Gelegenheit dafür, neue Menschen mit beeindruckenden Erfahrungen kennenzulernen, aus der Komfortzone auszusteigen und sich als Fürsprecherin für die Idee der EU und den Schutz der Menschenrechte einzusetzen. Auf den Philippinen werde ich hier mit der Frage konfrontiert „Wofür steht EU?“ und ich kann diese Gelegenheit nutzen, die Idee der Europäischen Union weiterzutragen.

» Mehr zu den EU Aid Volunteers und wie man dort teilnehmen kann, finden Sie auf der DRK-Webseite

» Mehr zur DRK-Hilfe auf den Philippinen lesen Sie auf unserer Philippinen-Seite Hilfe nach dem Taifun Haiyan.

» Lesen Sie weitere Blogbeiträge von Janina Jasper

Text und Fotos, soweit nicht anders angegeben: Janina Jasper /DRK

Geschrieben von:

Janina Jasper, EU Aid Volunteer für das DRK Janina Jasper
Janina Jasper war 2019 bis 2020 als EU Aid Volunteer im Freiwilligeneinsatz für das Deutsche Rote Kreuz in Manila auf den Philippinen im Bereich der Katastrophenvorsorge. Sie entwickelte z.B. eine Toolbox für Mitmach-Angebote in Schulen und Gemeinden zur Katastrophenvorsorge, zum Klimawandel und zur Sensibilisierung für drohende Naturgefahren. Wegen der Corona-Pandemie musste sie im März 2020 ins Homeoffice nach Deutschland zurückkehren.

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