
Ich bin jetzt seit einer Woche in Nordgriechenland für das DRK als Mitarbeiter im Einsatz. Es ist immer noch kalt in dem Gebiet zur Grenze in die ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien — nachts bis 0 Grad, tagsüber nur bis 14 Grad, aber es soll wärmer werden. Etwa 35.000 Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern stecken hier im wahrsten Sinne des Wortes seit Wochen fest. Denn das Gebiet um Idomeni ist feucht, der Regen hat die Wiesen in Schlammflächen verwandelt, Zelte und Kleidung durchnässt und das Feuerholz fast unbrauchbar gemacht.
In Idomeni leistet unsere Schwesterorganisation Rotes Kreuz Ungarn medizinische Hilfe. Das DRK unterstützt die Kollegen in Idomeni auf Anfrage, mit eigenen Ärzten und Schwestern. Weitere Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind auch in Idomeni vor Ort und helfen medizinisch. Das DRK hat sich deswegen auf die bislang nicht versorgten Menschen konzentriert, die in anderen Flüchtlingslagern um Idomeni leben.

Nur etwa 20 Kilometer von Idomeni entfernt, in Nea Kavala, hat das DRK zusammen mit dem Finnischen Roten Kreuz eine Gesundheitsstation errichtet. Eine Nothilfemaßnahme, die innerhalb weniger Wochen realisiert wurde — eine unglaublich schnelle Reaktion auf einen Engpass bei der medizinischen Versorgung der Menschen, die durch Mittel des Auswärtigen Amtes und des DRK für 4 Monate finanziert wird.
Das Flüchtlingslager in Nea Kavala ist aus Zelten auf einem Militärgelände errichtet worden. Die griechische Armee hat hier gute Arbeit geleistet. Der ehemalige Militärflughafen ist flach, die Felder wurden planiert und mit Kies aufgefüllt, Militärzelte errichtet. Jetzt leben hier etwa 4000 Menschen. Sie sind aus Ländern wie Syrien, Irak und Kurdistan geflohen — und kommen auf ihrer Flucht nicht weiter. Aber zumindest sind diese Menschen in Nea Kavala in einem organisierten Flüchtlingslager mit Zelten, Wegen und ein wenig Infrastruktur untergekommen. Es gibt Wasser, Toiletten und das Militär verteilt Essen.
Genau hier hat das DRK die dringend benötigte Gesundheitsstation aufgebaut, um die Menschen medizinisch versorgen zu können. Die Station besteht aus drei großen Zelten und einem Container. Ärzte, Schwestern, Hebammen, Techniker und Dolmetscher des Deutschen und Finnischen Roten Kreuzes sind hier täglich im Einsatz. Der Bedarf an medizinischer Versorgung ist riesig. Vor allem Kinder sind krank.

Seit einer Woche ist die Gesundheitsstation in vollem Betrieb. Von 8 Uhr morgens bis abends sind die Helfer täglich vor Ort – und täglich kommen seitdem mehr Patienten. Zuletzt wurden allein in Nea Kavala 90 kranke Kinder, Männer und Frauen pro Tag behandelt. Eine weitere Gesundheitsstation des DRK steht in einem zweiten Flüchtlingslager in Cherso und versorgt täglich ebenso viele Menschen dort.
Ich sehe vor allem viele kleine Kinder, die aufgrund der beschwerlichen Flucht und nun der Kälte und Nässe krank geworden sind. Sie haben Husten und Schnupfen, viele aber auch Darmerkrankungen. Da eine gute Hygiene nicht immer möglich ist, gibt es erste Fälle von Läusen. Ein Team, das Hygienestandards vermittelt, ist bereits im Einsatz. In einem gesonderten Zelt für Frauen behandelt eine Hebamme Schwangere und Frauen mit medizinischen Problemen. Notfalls können hier sogar unkomplizierte Geburten von der erfahrenen Hebamme durchgeführt werden.

Zwei Techniker, die zusammen mit anderen freiwilligen Helfern des DRK das Material Mitte März innerhalb von 3 Tagen von Deutschland nach Griechenland gefahren haben, sorgen derzeit noch für die restlichen technischen Installationen. Während mittlerweile Wasser fließt und auch die Stromversorgung gesichert und der Generator für den Notfall betankt ist, wurden die Zelte noch einmal gegen den teils starken Wind gesichert. Und in den kommenden Tagen wird noch ein Zaun um das Gelände gebaut, damit neugierige Kinder die Arbeit der Ärzte und Schwestern nicht zu sehr behindern; und auch dafür, dass der Ansturm der Patienten in geregelte Bahnen geleitet wird.

Die geleistete Arbeit der finnischen und deutschen Helfer ist eindrucksvoll. Selbst die täglich neuen Überraschungen und Herausforderungen, Schwierigkeiten bei der Verständigung, das Arbeiten unter extremen und einfachsten Bedingungen, werden unkompliziert gemeistert. Die Tage sind lang, die Helfer müde, aber jeden Morgen sind sie mit neuer Energie in der Gesundheitsstation tätig.
Ich dokumentiere dieses Engagement der DRK-Helferinnen und Helfer. Zwischendurch bleibt mir ein wenig Zeit, mit den geflohenen Menschen zu sprechen. Gestern habe ich eine kleine neue Freundin gefunden. Ein junges Mädchen, deren Namen ich noch nicht kenne und deren Herkunft ich auch nicht weiß. Aber wir haben uns angelächelt, uns irgendwie mit Händen und Füssen auf eine kindliche Art verständigt. Mehr über die teils herzzerreißenden Geschichten, die wir hier alle jeden Tag erleben, schreibe ich in meinem nächsten Blogeintrag.
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Fotos: René Schulthoff / DRK