
Flüchtlingscamp Zahrani (Libanon) im Januar 2017
Da ist der Blick dieser Frau, der einen nicht so schnell loslässt. Mit ihrem schwarzen Kopftuch und dem leuchtend lila Gewand strahlt die Syrerin einen Stolz und eine Würde aus, die man in dieser Umgebung, zwischen provisorischen Zelten und Bretterverschlägen, gar nicht erwartet. Sie schaut mich durch meine Kamera direkt an. Was will ihr Blick mir sagen?

„Schau her. Ich komme aus einem Land, das in der arabischen Welt einmal für seinen hohen Lebensstandard bekannt war. Jetzt wohne ich in diesem armseligen Flüchtlingscamp, zwischen einer Ölraffinerie und morastigem Gelände. Wenn der Sommer heiß und trocken ist, wird der kleine Bach, der hier vorbeiführt, schon mal zu einer stinkenden Kloake. Aber ich gehöre nicht zu den hunderttausenden Todesopfern, die der Bürgerkrieg in meiner Heimat bisher gefordert hat. Ich beklage mich nicht. Sieh zu, dass du deine Fotos vielen Menschen zeigst, damit wir von der Welt nicht vergessen werden.“

Für viele Syrer ist das Nachbarland Libanon die erste Station auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat. Im Zahrani Camp in der Nähe der libanesischen Stadt Saida leben etwa 110 Familien in sehr einfachen Verhältnissen. Die Zahl der registrierten syrischen Flüchtlinge im Libanon ist mittlerweile auf über eine Million angestiegen. Hinzu kommen rund 500.000 Palästinenser, die zum Teil schon seit Jahrzehnten hier leben. In einem Land mit gerade mal 5,8 Millionen Einwohner heißt das: Jede vierte Person ist heute ein Flüchtling. Da es im Libanon keine offiziellen Flüchtlingscamps gibt, leben die Syrer in über 1.700 libanesischen Aufnahmegemeinden im ganzen Land zerstreut, schwerpunktmäßig im Bekaa-Tal sowie in den nördlichen Grenzdistrikten.

Zahlreiche syrische Familien haben sich jedoch in informellen Zeltsiedlungen, auf Baustellen, in leerstehenden Gebäuden, Schulen oder dürftigen Eigenkonstruktionen niedergelassen. Viele libanesische Gemeinden sind an einem kritischen Punkt angelangt, Gesundheitsdienste überlastet. In manchen Dörfern im Norden lebten mittlerweile mehr Syrer als Libanesen, erzählt Georges Kettaneh, Generalsekretär des Libanesischen Roten Kreuzes. Viele Flüchtlinge verdingen sich notgedrungen als billige Arbeitskraft, was wiederum oft zu sozialen Spannungen mit der einheimischen Bevölkerung führt.

Das DRK unterstützt das Libanesische Rote Kreuz, das den Flüchtlingen mit der Verteilung von Nahrungsmittel- und Hygienepaketen, mit Bargeld, Gutscheinen und der Betreuung von Kindern hilft. Gerade in den Grenzgebieten leistet das Rote Kreuz unter anderem Erste Hilfe und übernimmt den Transport von kranken und verletzten syrischen Flüchtlingen in die Krankenhäuser der Region.
Fotos: DRK / Dieter Schütz
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