Es ist zwei Uhr nachts und in der Unterkunft für Flüchtlinge im Warteraum Feldkirchen ist die Heizung ausgefallen. Die Temperaturen fallen unter 15°C. Als der diensthabende stellvertretende Teamleiter informiert ist, macht er sich sofort auf die Suche nach Wolldecken. Im Lagercontainer wird er auch fündig, doch kann er unmöglich eine Palette Kartons mit Wolldecken bewegen. Dazu braucht man einen Gabelstapler. Allerdings schläft der einzige Kollege, der die beiden DRK-Gabelstapler fahren darf, tief und fest in seiner Unterkunft 10 km vom Camp entfernt – Anlass genug, mehrere DRK-Delegierte zu schulen, so dass pro Schicht mindestens ein Kollege mit Gabelstaplerlizenz anwesend ist.
Im Januar absolviert die erste Gruppe aus fünf Delegierten den theoretischen Unterricht – unter ihnen auch ein Kollege, der selbst Flüchtling ist und zum DRK-Helfer wurde, Anis Baroudi aus Syrien. Nach einer langen Odyssee kam der 36-jährige Telekom-Ingenieur vor eineinhalb Jahren in Deutschland an. Inzwischen spricht er fließend Deutsch und arbeitet im Flüchtlingscamp als IT-Verantwortlicher.

Die Helfer sitzen abends auf Bierbänken in der Eschenbachhalle – eine Art Zelt mit festen Wänden, Heizung und Holzfußboden – und lernen. Der Lehrer hält den Unterricht auf Bayerisch, was die Sache für die internationalen DRK-Kollegen nicht einfacher macht. Dennoch: Alle Teilnehmer bestehen den abschließenden Test.

Einige Tage später können die Kandidaten bei herrlichem Sonnenschein, aber eisiger Kälte die praktische Prüfung ablegen: Mit Pylonen ist ein enger und ziemlich anspruchsvoller Parcours abgesteckt, den jeder Prüfling rückwärts mit geladener Last auf der Gabel durchlaufen muss. Maximal acht Minuten darf er dafür benötigen, um den Test zu bestehen. Danach geht es im Eiltempo in eine enge Paletten-Gasse, wo sie einen Stahlgitterkäfig präzise abstellen und den ganzen Turm, bestehend aus drei Käfigen, aufnehmen müssen. Der Fahrlehrer von der Berufsgenossenschaft aus Straubing gibt genaue Anweisungen und achtet darauf, dass die Paletten am Ende sauber und sicher auf einander gestapelt sind. Schließlich schaffen alle fünf Kollegen beide Prüfungsteile ohne Probleme und sind nun stolze Gabelstapler-Berechtigte.
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Fotos: Stefan Bihl