Foto: DRK-Mitarbeiterin übergibt Winterjacken an eine syrische Frau auf der Flucht.

Hilfe für Flüchtlinge im „Niemandsland“ zwischen Syrien und Jordanien

Am 10.02.2016 von Melanie Plöger

Foto: Syrische Flüchtlinge in der Wüste

Im „Niemandsland“ – der entmilitarisierten Zone zwischen Syrien und Jordanien mitten in der Wüste – sitzen mehr als 20.000 syrische Flüchtlinge fest und warten auf Einlass nach Jordanien. Jordanien hat die Grenzen offiziell jedoch bereits vor langer Zeit geschlossen. Jeden Tag lässt die Regierung nur ca. 50 der bedürftigsten Flüchtlinge ins Land.

Wassertanks in der Wüste Jordaniens
Das IKRK schickt täglich 14 Trucks zur Grenze, um die Flüchtlinge mit Wasser zu versorgen.

Die große Mehrheit harrt seit Monaten in dem kargen Wüstengelände aus und ist dort den widrigsten Umständen ausgesetzt. Sie haben nur einfache Plastikplanen und -zelte zum Schutz, es gibt keine sanitären Anlagen, keinen Strom, keine Nahrungsmittel. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) versorgt die Flüchtlinge – deren Zahl im November sprunghaft gestiegen ist – seit über einem Jahr mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und den nötigsten Gegenständen (Decken, Kleidung, Hygieneartikel).

Verteilung von Winterjacken und Hygieneartikeln

Anfang Februar hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Zusammenarbeit mit dem Jordanischen Roten Halbmond (JRH) und dem IKRK 6.000 Winterjacken und 4.000 Pakete mit Hygieneartikeln für Frauen an die Flüchtlinge im Grenzgebiet verteilt. Das Projekt wird durch das Auswärtige Amt finanziert.

Für den ersten Tag der Verteilung bin ich aus der Hauptstadt Amman in das 400 km entfernte Gebiet im Nord-Osten Jordaniens gereist, um mir selbst einen Eindruck über die Situation vor Ort zu machen.

Eine Fahrt durch die steinige Wüste

Um 6 Uhr morgens geht es mit einem Konvoi von Jeeps des Jordanischen Roten Halbmondes und des IKRK los in Richtung Grenze zum Lagerhaus, wo die Freiwilligen des Roten Halbmondes die letzten Kartons in den Trucks verstauen, bevor wir zur Verteilung aufbrechen. Die jordanischen Kollegen hatten mich gewarnt, dass es ab jetzt auf einer „huckeligen“ Straße weitergeht – jedoch war ich davon ausgegangen, dass es zumindest noch eine Straße oder einen Weg geben würde. Aber wir fahren einfach in die steinige Wüste hinein – rechts von uns die Trucks, links von uns einige Jeeps – und es ist mir unbegreiflich, wie man in diesem kargen, flachen Gelände ohne jegliche Anhaltspunkte den Weg zur Grenze finden soll. Doch die lokalen Fahrer – Beduinen – brauchen dafür kein Navi und führen uns zielsicher zweieinhalb Stunden durch die Einöde.

Zwei Rotkreuz-LKWs in der Wüste
Zum Grenzgebiet geht es zweieinhalb Stunden durch die Wüste.

Es hat seit einem Monat nicht geregnet, sodass wir gut vorankommen und nur einigen Schlaglöchern ausweichen müssen. Wenn es allerdings regnet, verwandelt sich die Wüste in ein Sumpfgebiet und die Trucks des IKRK sind schon oft im Schlamm stecken geblieben und mussten umkehren. Auf dem Weg müssen wir an zwei militärischen Checkpoints halt machen, denn das Grenzgebiet ist militärische Sperrzone und nur wenige Hilfsorganisationen haben die Erlaubnis, den Flüchtlingen Hilfe zu bringen.

Tausende Zelte hinter einem kleinen Erdwall

Als wir endlich ankommen, bin ich überwältigt vom Anblick des Camps. Hinter einem kleinen Erdwall stehen tausende Zelte, vor dem Klinikcontainer warten Flüchtlinge auf medizinische Behandlung, überall laufen kleine Kinder umher, denen man das Leben im rauen Klima an ihren verzottelten Haaren und ihrer lederartigen Haut ansieht. Eine Frau, die am Morgen ihr Kind mit Hilfe einer traditionellen Hebamme im Camp zur Welt gebracht hat, wird mit Komplikationen in einer Schubkarre zur Klinik gekarrt.

Hilfsgüter für registrierte Flüchtlinge

Die Vorbereitung der Verteilung dauert lange, da parallel zu unseren Hilfsgütern auch die täglichen Nahrungsmittelrationen des IKRK verteilt werden und dafür 20.000 Nahrungsmittelpakete abgeladen werden müssen. Die Flüchtlinge werden ungeduldig und einige Male stürmen kleinere Gruppen den Platz, werden aber sofort vom Militär und „Sicherheitsleuten“, die selbst zu den Flüchtlingen gehören, hinter den Erdwall zurückgetrieben.

Rotkreuz-/Rothalbmondmitarbeiter bei Hilfsgüterverteilung
IKRK-Mitarbeiter ermitteln aus den UNHCR-Listen die Familienzusammensetzung und bestimmen die Anzahl der Hilfsgüter.

Unsere Hilfsgüter werden an Menschen verteilt, die vor einigen Wochen vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) registriert worden sind. Die Syrer organisieren die Ordnung und Reihenfolge bei der Verteilung selbst. Kleinere Gruppen von Männern und Frauen kommen über den Erdwall und warten am Registrierungspunkt. Die Barcodes  auf ihren Rationierungskarten werden gescannt, die Familie in der Liste markiert und die Anzahl der Familienmitglieder  auf einem Zettel notiert, sodass die Flüchtlinge die korrekte Anzahl an Hilfsgütern bekommen.

Danach erhalten sie – gemäß der Familienzusammensetzung – ihre tägliche Essensration, unsere wasserfesten Winterjacken und Hygienepakete für Frauen sowie Gummistiefel vom IKRK. Die Menschen sind einerseits dankbar für die Unterstützung und andererseits verzweifelt über die Auswegslosigkeit der Situation. Viele von ihnen kommen aus entfernten Gegenden Syriens wie Aleppo. Da sie Familie in Jordanien haben, haben sie sich auf die lange und beschwerliche Flucht nach Jordanien gemacht, sitzen nun an der Grenze fest und flehen um Einlass.

DRK-Mitarbeiterin verteilt Hilfsgüter an eine Frau
Verteilung von warmen Winterjacken für Erwachsene und von Nothilfepaketen für Frauen.

Am Nachmittag müssen wir die Verteilung beenden und die restlichen Hilfsgüter für den nächsten Tag wieder einpacken, um vor Sonnenuntergang die Wüste zu verlassen. Die Verteilung unserer Hilfe wird sich aufgrund des weiten Anfahrtsweges und der großen Anzahl der Flüchtlinge über mehrere Tage hinziehen. Die Lage des Camps mitten in der Wüste ist nicht nur für die notleidenden Flüchtlinge unzumutbar, sie macht es auch den humanitären Helfern unsagbar schwierig, die grundlegende Versorgung einer immer weiter ansteigenden Zahl an Hilfsbedürftigen sicherzustellen.

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Fotos: Melanie Plöger

Geschrieben von:

Melanie Plöger

Als DRK-Mitarbeiterin hat Melanie Plöger die Hilfsgüterverteilung für syrische Flüchtlinge begleitet.

4 Kommentare zu “Hilfe für Flüchtlinge im „Niemandsland“ zwischen Syrien und Jordanien

  1. Ich arbeite für das DRK als Techniker und Fahrer. Erfahrunge im Ebola Einsatz und Flüchtlingshilfe in Deutschland. Ich möchte in diesem Lager arbeiten und helfen. Was kann ich tun und wo muss ich mich melden. Gruß, Klaus

    1. Lieber Herr Ritter,
      wir haben Ihren Wunsch an unser FÜLZ weitergegeben. Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Hilfsbereitschaft! Ein schönes Wochenende vom DRK-Webteam

  2. Liebes DRK-Team,

    ich lebe seit fünf Monaten in Amman und lerne dort Arabisch. Gibt es eine Möglichkeit, Sie in Ihrer Flüchtlingsarbeit in Jordanien als Freiwilliger zu unterstützen?

    1. Lieber Herr Keller,
      herzlichen Dank für Ihr freundliches Angebot. Wir haben eine Liste von Ländern, in denen wir aus Sicherheitsgründen keine Freiwilligen aus Deutschland einsetzen möchten. D.h. über das DRK ist das in Jordanien derzeit nicht möglich. Sie könnten sich aber an die Rotkreuzorganisation oder andere Hilfsorganisationen vor Ort wenden. Das hilft bestimmt auch beim Arabisch-Lernen. Hier weitere Infos zum Bewerben auf Auslandseinsätze http://www.drk.de/ueber-uns/stellenboerse/drk-international-vacancies.html und noch einmal ganz herzlichen Dank für das Interesse!

      Viele Grüße vom DRK-Webteam

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