Nach der Zerstörung seines Theaters fand der Schauspieler Osama eine neue Bühne – als Freiwilliger beim Jemenitischen Roten Halbmond. Seine neue Rolle bringt Kinder, die die Tragödie des Krieges erleben, zum Lachen und vermittelt ihnen zu Botschaften über Gesundheit und Sicherheit.

Viele Jahre lang war das Theater für Osama wie ein zweites Zuhause – ein Ort, an dem er verschiedene Charaktere verkörpern, poetische Worte der Weisheit teilen und das Lächeln auf den Gesichtern der Menschen seiner Gemeinde sehen konnte.
„Jedes Mal, wenn ich auf der Bühne stehe und das Lächeln der Kinder sehe, fühle ich mich zufrieden“, sagt Osama, ein geselliger, gesprächiger Mann, dessen Leidenschaft für die Schauspielerei ihm eine gewisse Zuflucht vor der Geißel und dem Kummer des Krieges bot.
„Meine Träume waren hier an diesem Ort“
Doch Osamas Fähigkeit, diesen Traum zu verfolgen, erlitt einen schweren Rückschlag, als sein geliebtes Theater bombardiert und in einen Schutthaufen verwandelt wurde. „Meine Träume hier wurden zerstört“, sagt er, während er auf den Trümmern des einst geräumigen, luftigen Theaters steht, das Hunderte Menschen fassen konnte.
„Meine Träume waren hier an diesem Ort“, erzählt er und blickt auf das Gelände voller zerbrochener Ziegel und Steine. „Hier zauberten wir ein Lächeln auf die Gesichter der Menschen … bevor der Krieg begann.“ Schließlich waren die meisten Theaterstücke, die seine Truppe produzierte, Komödien und Dramen, die Freude und Lachen verbreiteten und gleichzeitig sinnvolle Botschaften vermittelten.

„Der Konflikt zerstörte die Bühne, auf der ich gegen die Hässlichkeit des Krieges ankämpfte, aber der Rote Halbmond eröffnete mir andere Theaterbühnen, so dass ich mit anderen interagieren und bestätigen kann, dass das Leben noch möglich ist.“
Osama, Freiwilliger des Jemenitischen Roten Halbmonds im Regierungsbezirk Hodeida
Eine neue humanitäre Rolle

Nach der Bombardierung des Theaters suchte Osama nach einer neuen Aufgabe: etwas, das ihm wieder Freude bereiten und motivieren würde. Sein Weg führte ihn zum Jemenitischen Roten Halbmond in Hodeida.
Jetzt nutzt Osama seine Begabung für Komödie und Drama, um die Menschen durch interaktive Theatersketche aufzuklären. Die Aufführungen vermitteln auch wichtige Botschaften darüber, wie man in einem Umfeld, gesund und sicher bleiben kann, in dem der Krieg viele der grundlegenden Lebensmittel-, Wasser-, Gesundheits- und Abwassersysteme zerstört hat.
„Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich an einer Sensibilisierungsaktion des Jemenitischen Roten Halbmondes teilgenommen habe“, sagt Osama. „Ich habe den Kindern nur Ratschläge zum Händewaschen gegeben, aber auf eine lustige Art und Weise. Ich weiß noch, wie sie über meine Versuche, einige meiner Fehler zu korrigieren, gelacht haben.“

Den Menschen bei der Bewältigung der Herausforderungen helfen
„Einmal machte ich eine Comedy-Show, um den Kindern auf lustige Weise zu zeigen, wie man sich die Hände richtig wäscht, aber ich vergaß eine wichtigen Schritt dabei“, erzählt Osama. „Eines der Kinder stand auf, schlug mir auf spielerische Art und Weise auf den Kopf und sagte: »Der Künstler hat vergessen, uns diesen Schritt zu erklären.« Er fing an, es zu erklären als wäre er selbst ein Schauspieler. Es war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, Menschen bei der Bewältigung der Herausforderungen des Krieges zu helfen.“
Von der Ersten Hilfe bis zur Nothilfe
Inspiriert von der Arbeit des Jemenitischen Roten Halbmonds in Hodeida hat Osama nicht nur eine Rolle in den Schulungen des Roten Halbmonds gespielt, sondern ist aktiver Freiwilliger geworden: bei der Ersten Hilfe, der Verteilung von Lebensmitteln, der Nothilfe und sogar beim Transport von Verwundeten und Toten. Darüber hinaus arbeitet der Ehemann und Vater in verschiedenen Berufen, etwa als städtischer Baumpfleger, um seine Familie zu unterstützen.

Tiefer in die Rolle hineingewachsen
Osama erinnert sich an eine Situation, die ihn noch tiefer in seine Rolle als Freiwilliger brachte: ein Dengue-Ausbruch in Hodeida, der die ohnehin schon verzweifelte Lage in dem Regierungsbezirk noch verschlimmerte. Während 20 Millionen Jemeniten keinen Zugang zur medizinischen Grundversorgung haben, ist die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen des Landes durch den Krieg teilweise oder vollständig zerstört, was zu einer dramatischen Zunahme endemischer Krankheiten und Epidemien führte.
„Die Dengue-Epidemie hatte unser Haus erreicht, in dem ich mit 16 Familienmitgliedern, darunter vier Kindern, lebe. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage war es schwierig, medizinische Versorgung zu erhalten oder sogar Medikamente zu kaufen. Ich brachte meinen achtjährigen Bruder Rakan in das Gesundheitszentrum des Jemenitischen Roten Halbmondes, in der Hoffnung, dass er dort versorgt werden würde. Und er wurde dort so lange behandelt, bis er nicht mehr in Gefahr war.“
Eine Möglichkeit, etwas zurück zu geben

Osama erinnert sich weiter: „Der Moment, als ich im Zentrum ankam und meinen Bruder in den Armen hielt, war wie ein Traum. Ich wurde von einem Team empfangen, das jedem hilft. Nach der Genesung meines Bruders wurde mir klar, dass die Arbeit mit dem Roten Halbmond auch eine Möglichkeit ist, etwas zurückzugeben, sich sozusagen zu revanchieren.“
„Auch wenn ich nicht auf der Bühne stehen kann, so kann ich doch wenigstens als Freiwilliger für den Jemenitischen Roten Halbmond tätig sein und für die Kinder spielen“, sagt Osama mit einem Lächeln. „Das macht mich glücklich und stolz.“
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Fotos und Text/Geschichte: Allawi Alhadadi/Jemenitischer Roter Halbmond