Vor kurzem noch auf den Philippinen rund um vorausschauende humanitäre Hilfe im Einsatz, ist Maya Manocsoc seit Beginn des Jahres DRK-Projektkoordinatorin im Sudan. Sie unterstützt den Roten Halbmond dabei, die vorausschauende humanitäre Hilfe im Land einzuführen. Ein Projekt, das von der Deutsche Bank Stiftung exklusiv gefördert wird. Das Ziel: Im Falle von drohenden Überschwemmungen künftig schon Hilfe zu leisten, bevor das Wasser über die Ufer tritt.
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Überschwemmungen als große natürliche Bedrohung

Viele Menschen stellen sich trockenes Wüstenklima und karge Landschaften vor, wenn sie an den Sudan denken. Doch das ist nur ein Teil der Realität. Denn im drittgrößten Land Afrikas mit Küstenlinien zum Roten Meer sowie großen Flüssen wie dem Nil ereignen sich regelmäßig Überschwemmungen. „Allein zwischen 2010 und 2020 waren von 14 hydrologischen und meteorologischen Katastrophen im Sudan zwölf verbunden mit Überschwemmungen – bis zu 875.000 Menschen waren jeweils betroffen. Und mit dem Klimawandel nimmt die Bedrohung zu“, sagt Maya Manocsoc.
Frühe Hilfe bei Hochwasser

Die DRK-Projektkoordinatorin hat Hochwasser und Sturzfluten seit Januar 2022 besonders im Blick, denn sie unterstützt den Roten Halbmond im Sudan dabei, Forecast-based Financing, also die vorausschauende humanitäre Hilfe, einzuführen. „Mit Hilfe von meteorologischen Fachleuten ermitteln wir Schwellenwerte, zum Beispiel eine kritische Niederschlagsmenge, die darauf hinweisen, dass in einem bestimmten Zeitraum Überschwemmungen in einem Gebiet drohen“, erklärt die Sozialwissenschaftlerin und Expertin für Wasserwirtschaft sowie Naturgefahrenforschung.
„Werden diese Kennwerte künftig erreicht, kann der Sudanesische Rote Halbmond Hilfsmaßnahmen einleiten, bevor Menschen durch die Überschwemmung leiden.“ Damit die Hilfsmaßnahmen auch wirklich den Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen, werden die Menschen in Risikogebieten vorab befragt und so an der Entwicklung der Hilfsmaßnahmen beteiligt.

Überschwemmungen bedrohen Existenzen
Immer wieder haben Überschwemmungen für die Menschen im Sudan weitreichende Folgen. Maya Manocsoc fasst zusammen: „Neben Verletzungen und Todesfällen vernichten sie Felder wie Ernten – und damit Nahrungsmittel wie Sorghum, Sesam, Hirse und Gemüse. Bauernfamilien verlieren in den Wassermassen Nutztiere – Ziegen, Schafe und Rinder – oder Geräte und Pumpen, die für die Landwirtschaft wichtig sind. Das kann die Lebensgrundlagen der Betroffenen akut gefährden, denn viele Familien im Sudan sind auf dieses Einkommen angewiesen. Die Verunreinigung von Wasserquellen kann zur Zunahme von übertragbaren Krankheiten führen, während die Zerstörung von Häusern, Latrinen und Infrastruktur wie Brücken ebenso große Einschnitte darstellen. Sind die Verluste zu groß, sehen sich Menschen auch immer wieder gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um in anderen Gebieten des Sudans eine Zukunft zu finden.“

Eine von vielen Herausforderungen
Trotz ihrer schweren Folgen sind Überschwemmungen nur eine Herausforderung von vielen für die Menschen im Sudan. Das Leben hier ist geprägt von Armut, Konflikten und politischer Instabilität. 14,3 Millionen Menschen im Land benötigen humanitäre Hilfe – darunter vor allem Frauen und Kinder sowie Binnenvertriebene, Geflüchtete und Rückkehrende. „Bei den Überschwemmungen 2020 handelte es sich bei mehr als der Hälfte der 830.000 Betroffenen um Kinder“, sagt die DRK-Projektkoordinatorin.
Zusätzliche Herausforderungen durch kommende Überschwemmungen könnten sie nur schwer bewältigen. Umso mehr Hoffnung ist mit dem DRK-Projekt verknüpft.

Hoffnung für die Zukunft
Maya Manocsoc ist optimistisch: „Bereits im Vorfeld des Projekts gab es eine Machbarkeitsstudie, um zu prüfen, ob es Sinn ergibt, im Sudan die vorausschauende humanitäre Hilfe anzuwenden. Mit gutem Ergebnis.“ Der Sudanesische Rote Halbmond etwa hat viel Erfahrung mit Überschwemmungen, sie haben schon jetzt „strategische Priorität“ für die Schwestergesellschaft des DRK – eine gute Grundlage für das Projekt. „Auch mit dem Wetterdienst besteht schon eine Kooperation, die wir nun ausweiten“, berichtet die Projektkoordinatorin. „Unsere Partner hier sind sehr interessiert und motiviert. Ich freue mich auf die nächsten drei Jahre, in denen wir den Antizipationsmechanismus im Sudan aufbauen werden. Wir hoffen, dass wir die Katastrophenhilfe proaktiver gestalten und auf die Bedürfnisse der Gemeinden, in denen wir arbeiten, eingehen können. “
Erfahren Sie mehr über das Forecast-based Financing und die Hilfe des DRK:
- www.drk.de/hilfe-weltweit/wo-wir-helfen/afrika/sudan-vorausschauende-humanitaere-hilfe/
- www.drk.de/hilfe-weltweit
- www.anticipation-hub.org
Fotos: Anette Selmer-Andresen, IFRC; DRK/Sudanesischer Roter Halbmond; IFRC