Von DRK-Delegierter Cornelia Braun
Ende August bin ich aus Nairobi zurückgekehrt. Es war bereits mein dritter Einsatz in der Region Ostafrika. Im Jahr 2007 habe ich unter anderem die Ausbildung zur Gesundheitsversorgung in Krisen- und Katastrophensituationen für freiwillige Rotkreuzhelfer in Kenia organisiert. Der Schwerpunkt dabei lag auf der Vermittlung der Standards der internationalen Not- und Katastrophenhilfe.
Dazu gehören Kenntnisse in medizinischer Grundversorgung, Informationen zur Bekämpfung von Krankheitsausbrüchen und die Schärfung des Bewusstseins für die persönliche Sicherheit in Krisensituationen. Ziel war es, ein Team zu formen, welches jede krisenanfällige Region und Bevölkerungsgruppe in Kenia repräsentiert und für das Kenianische Rote Kreuz zum Einsatz vor Ort zur Verfügung steht.

Damals, im Jahr 2007, kämpften die Menschen auf der Flucht mit schweren Überschwemmungen, heute riskieren sie den Hungertod und kriegerische Überfälle. Während meines vierwöchigen Einsatzes war es meine Aufgabe als Gesundheitsdelegierte, das Regionalbüro Ostafrika des Deutschen Roten Kreuzes in Nairobi bei der Koordination der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und medizinischer Hilfe für die Bevölkerung zu unterstützen.

Ich habe mich gefreut, nicht nur unsere Kollegen des Kenianischen Roten Kreuzes wieder zu treffen. Darüber hinaus erlebte ich es als eine großartige Bestätigung unserer Zusammenarbeit, die damaligen Auszubildenden jetzt in einer verantwortungsvollen Position zu erleben. Freiwillige Rotkreuzhelfer bringen mobile Gesundheitsdienste in die am stärksten betroffenen Regionen. Zuletzt in Mandera, aktuell in Turkana wird geimpft, behandelt und darüber aufgeklärt, mit welchen Maßnahmen in der prekären Situation Krankheitsvorsorge möglich ist.

Dies war mein insgesamt zehnter Auslandseinsatz, wieder konnte ich viele wertvolle Erfahrungen sammeln. Im Gegensatz zur Situation in Haiti, nach dem plötzlich auftretenden Erdbeben, hat sich die Lage am Horn von Afrika langsam zu einer akuten Krisensituation zugespitzt. Die Herausforderungen, möglichst viele Menschen in Not zu erreichen, waren nicht geringer. Vergleichbar wie in der Pflege von Patienten mit akuten und chronischen Erkrankungen unterscheiden sich die Anforderungen bezüglich der Bekämpfung des Leidens. Es ist nicht einfach, ein wirksames Rezept der Hilfeleistung zusammenzustellen.

Die Ursachen dieser katastrophalen Lage sind vielschichtig: Neben der schwachen bzw. ausbleibenden Regenzeit in vielen, ohnehin trockenen Regionen Ostafrikas herrscht über 20 Jahre Krieg in Somalia. Die Kombination aus den Folgen des Klimawandels, einer wachsenden Bevölkerungsdichte und den von Menschenhand geschaffenen Ursachen für Hunger erschwert die Hilfeleistung und Bewältigung der Notlage. Es fehlt an Infrastruktur, Schutz und Sicherheit. Den Nöten der betroffenen Bevölkerung vor Ort gerecht zu werden, verlangt vor allem, nachhaltig die Grundbedürfnisse der Menschen zu sichern und die allgemeinen Lebensbedingungen zu verbessern. Dazu sind langfristige Hilfsmaßnahmen nötig.
Der Regen sollte im Oktober kommen, auf ihn hoffen Millionen Hungernde. Er wird ihre Probleme aber nicht lösen. Im Gegenteil: erst einmal wird er neue aufwerfen. Die Zelte in den Lagern bieten nicht genügend Schutz; der trockene Boden kann Wasser nur schwer aufnehmen. Der Regen wird den ohnehin geschwächten Menschen zusetzen, wie er es Anfang August schon einmal getan hat, und die Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera und Masern begünstigen.

Vor den Betroffenen liegt also noch eine lange Durststrecke. Erste Ernten werden für Januar/ Februar 2012 erwartet. Bis dahin werden unter der Koordination der Internationalen Föderation des Roten Kreuzes in Kenia und Äthiopien, sowie des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes in Somalia weiterhin große Mengen Trinkwasser und Wasserentkeimungstabletten verteilt, Schulkinder mit regelmäßigen Mahlzeiten versorgt und Gesundheitsaufklärung, Impfaktionen und medizinische Versorgung organisiert. Dank großzügiger Spendengelder können auch neue Rohrleitungen gelegt oder repariert, sowie neue Brunnen gebohrt werden: Eine dringend notwendige Vorsorge für die nächste Dürre.