Schulterblick in den OP: Ein Tag im „OT“

Am 16.03.2010

von Michael Renz

Michael Renz ist als Anästhesist im Feldhospital in Carrefour.  Sein Einsatzort ist das „OT“ (engl. operation theater). Hier schreibt er von seinen Eindrücken im OP.

Großer Andrang im Feldhospital

Michael Renz im Feldhospital in Carrefour
Markus Renz versorgt täglich Patienten im Feldhospital in Carrefour.

In der Ambulanz des mobilen Feldhospitals (field hospital) des DRK im Stadion von Carrefour werden im Durchschnitt täglich 200 Patienten versorgt. Derzeit sind 89 Patienten in stationärer Behandlung. Von diesen müssen sich im Durchschnitt 14 Patienten pro Tag einer Operation unterziehen.

Der Großteil von ihnen leidet an schweren Wundinfektionen, die meist als Folge der beim schweren Erdbeben vom 12. Januar 2010 erlittenen Verletzungen – insbesondere offene Frakturen und große Weichteilverletzungen – entstanden sind. Die Infektionsursachen sind vielfältig. Eine große Rolle spielen vor allem die fehlende medizinische Versorgung in den ersten Tagen nach dem Erdbeben und die unhygienischen Lebensbedingungen. Die Menschen leben in z.T. aus Bettlaken gefertigten Unterkünften und Zelten auf der Straße.

Wir sind 24 Stunden am Tag einsatzbereit

Behandlung einer Unterschenkelfraktur im Feldhospital in Carrefour
Eine Unterschenkelfraktur wird behandelt

Die Eingriffe im „OT“ (OP) beginnen kurz nach 8 Uhr und dauern je nach OP-Programm bis in den späten Nachmittag hinein. Der OP-Bereich besteht aus einem ca. 6 x 10 m großen Zelt, in dem an zwei OP-Tischen gleichzeitig operiert wird. Wie in einem deutschen Krankenhaus besteht auch im DRK-Feldhospital eine 24-stündige OP-Bereitschaft mit je einem diensthabenden Anästhesisten und Chirurgen und zwei OP-Schwestern. Die häufigsten Notfall-OPs sind Kaiserschnitte, Schussverletzungen, gynäkologische Blutungen, Abszesse, Verkehrsunfälle und hin und wieder Blinddarmentzündungen, die hier in Haiti aber wesentlich seltener als in Europa vorkommen.

Internationales Fachpersonal für das „OT“

Auch im „OT“ (OP) haben wir von Anfang an versucht, einheimische Mitarbeiter in die Arbeitsabläufe einzubinden, um so eine frühest mögliche Übernahme des Zeltkrankenhauses durch Schwestern und Ärzte aus Haiti zu ermöglichen. So arbeiten z.B. derzeit drei haitianische OP-Schwestern mit. Auch die für den Patiententransport zuständigen Mitarbeiter, die z.B. die Patienten auf einer Trage von den Stationen in den OP und zurück transportieren, sind ausschließlich Haitianer. Nur unter den Ärzten im OP finden sich bedauerlicherweise noch keine einheimischen Mitarbeiter, da aufgrund der Armut des Landes auch schon vor dem Erdbeben ein großer Ärztemangel in Haiti bestand.

James im Feldhospital in Carrefour
Was wären wir im Feldhospital ohne die große Unterstützung von James!

Derzeit arbeiten neben zwei deutschen Anästhesisten/Innen noch eine österreichische, eine finnische und eine arabische Anästhesistin im OP. Unter den Chirurgen im Feldhospital finden sich zwei deutsche, zwei finnische und ein kanadischer Delegierter.

Unser „Allround-Talent“ im OP ist James, ein New Yorker Rettungsassistent haitianischer Abstammung, der als Pfleger und Übersetzer bei der Arbeit im OP unschätzbare Dienste leistet. Er hatte sich nach dem schweren Erdbeben vom 12. Januar spontan auf den Weg gemacht und sich im DRK-Hospital zur freiwilligen Mitarbeit gemeldet, um seinen Landsleuten in ihrer großen Not zu helfen.

Wir spüren täglich, wie froh die Patienten über die Rotkreuz-Hilfe im Feldhospital sind. Sie bedanken sich bei uns jeden Tag aufs Neue auf vielfältige Art und Weise.

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