Foto: Menschen vor der Erste-Hilfe-Station in Garguf

Sudan: Medizinische Hilfe für Flüchtlinge

Am 13.12.2018 von Kerstin Grimm

Foto: Menschen vor der Erste-Hilfe-Station in Garguf

DRK-Mitarbeiterin Kerstin Grimm berichtet von ihrem Besuch der Erste-Hilfe-Station im sudanesischen Garguf, in der vor allem geflüchtete Frauen und Kinder medizinische Hilfe erhalten. In einer von Mangel gezeichneten Umgebung sind die Bedingungen schwierig, doch die Station sichert die Erstversorgung der Menschen. Hilfe, die ohne den Sudanesischen Roten Halbmond, das DRK und die Unterstützung des Auswärtigen Amtes sowie der örtlichen Gesundheitsbehörden kaum möglich wäre.

Foto: Blick aus einem Auto auf einen Weg mit Elefanten
Auf dem Weg nach Garguf

Ein Projektbesuch im Sudan schließt meistens lange Autofahrten, mitunter in mehreren Etappen, ein. Während die Verbindungsstraßen von Khartoum zu den Provinzzentren überwiegend gut befestigt und geteert sind, präsentiert sich das ländliche Straßennetz eher abenteuerlich. Ohne ein Geländefahrzeug kommt man kaum noch voran. Jedoch findet der lokale Transport notgedrungen hauptsächlich mit anderen Fortbewegungsmitteln statt: zu Fuß, per Esel, ausnahmsweise per Kamel oder in wenig Vertrauen erweckenden motorisierten Vehikeln, denen man auf den ersten Blick keine weiteren zehn Kilometer mehr geben würde.

Nach tagelanger Flucht völlig erschöpft

So sieht es auch im Osten des Sudan, im Bundestaat Kassala aus, in der Gegend, in der zigtausende Flüchtlinge aus Eritrea in Lagern mit Siedlungscharakter leben. Während die Mehrzahl bereits seit vielen Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten dort lebt, flüchten auch heute immer noch viele Menschen aus Eritrea in den Sudan. Viele kommen zu Fuß in unbewohnten und verlassenen Gebieten über die Grenze, wo die Gefahr aufgehalten und an der Flucht gehindert zu werden geringer ist. Oft haben sie tagelange Fußmärsche hinter sich, haben im Freien übernachtet ohne ausreichend Wasser zum Trinken, von der mangelnden Körperhygiene ganz zu schweigen.

Wenn sie im Sudan eine der Erstaufnahmeeinrichtungen erreicht haben, von denen es mehrere entlang der gemeinsamen Grenze gibt, sind sie völlig erschöpft, teilweise dehydriert und oft von Krankheiten und Parasiten befallen, die sie sich auf der langen Tour zugezogen haben. Immerhin, sie haben es über die Grenze geschafft und können sich als Asylsuchende registrieren lassen. Das weitere Verfahren findet dann in einem weiter von der Grenze entfernten Flüchtlingslager statt, das über die entsprechenden Verwaltungsstrukturen verfügt. Sammeltransporte dorthin werden nur in unregelmäßigen Abständen organisiert, sodass die Neuankömmlinge oft Wochen in den überfüllten Sammelunterkünften verbringen müssen.

Foto: Blick auf die Erste-Hilfe-Station in Garguf, davor ein Schild mit DRK-Logo
Einfach, aber bedeutend: die Erste-Hilfe-Station in Garguf

Viele Kinder und Frauen suchen Zuflucht

Es sind vor allem sehr junge Menschen, Frauen und Kinder, die ankommen. Viele von ihnen benötigen sofort medizinische Betreuung. Speziell für die Bedürfnisse der Asylsuchenden, für die die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen ihrem Status gemäß nicht frei zugänglich sind, hat der Sudanesische Rote Halbmond (SRCS) mit Unterstützung des DRK zwei sogenannte Erste-Hilfe-Stationen im Grenzgebiet errichtet. Sie liegen jeweils in direkter Nachbarschaft zu den Erstaufnahmezentren, die die sudanesische Flüchtlingskommission unterhält, und dort erhalten die Frauen, Männer und Kinder gebührenfrei erste medizinische Basisversorgung. Eine der Erste-Hilfe-Stationen befindet sich am Rande des Ortes Garguf, knapp neun Kilometer von der eritreischen Grenze entfernt.

Besuch in Garguf: Bestes tun bei begrenzten Möglichkeiten

Bei meinem Besuch in Garguf herrschte sehr reger Andrang. Bis auf den medizinischen Assistenten, Herrn Altayeb Abdalrahman, und vereinzelte männliche SRCS-Freiwillige waren weit und breit nur Frauen und zahlreiche, vor allem kleinere Kinder zu sehen, die geduldig im Schatten des Vordaches warteten. Der Posten besteht aus zwei Sprechzimmern und einer Toiletteneinheit im Hintergrund des eingezäunten Geländes. Neben dem Eingangstor sind zwei Trinkwasserzapfstellen aufgestellt.

In einem der Sprechzimmer empfangen die ausgebildeten SRCS-Freiwilligen die Patientinnen und Patienten und nehmen die Daten auf. Viele Patienten werden dann in das zweite Sprechzimmer weiter verwiesen, wo Herr Altayeb die erste Diagnose stellt und Behandlungen einleitet. In vielen Fällen kann er bereits mit den vorhandenen einfachen Medikamenten und Behandlungsmitteln zusammen mit seiner medizinischen Beratung den Menschen helfen. Mehr ist im Rahmen dieser Basis-Erstversorgung nicht vorgesehen.

Foto: Das Team der Erste-Hilfe-Station in Garguf
Der medizinische Mitarbeiter der staatlichen Klinik arbeitet täglich vier Stunden in der Erste-Hilfe-Station.

Vor allem Kinder brauchen Hilfe

Die SRCS-Freiwilligen haben eine Sanitätsausbildung absolviert. Sie versorgen offene Wunden und schlimme Hautausschläge, die sich Asylsuchende auf ihrem langen Fluchtweg zugezogen haben. Viele dieser zum Teil langwierigen Probleme betreffen vor allem Kinder. Bei einer Reihe von ihnen treten auch ernährungsbedingte Mangelerscheinungen auf. Ich habe zum Beispiel eine junge Frau getroffen, die ihr Kind nicht stillen konnte, weil sie sich eine böse Entzündung  an der Brust zugezogen hatte. Kleine Kinder zeigten mir ihre durch Krätze vernarbten Beine und offenen Hautausschläge. Wunden reinigen, Verbände anlegen oder wechseln, gesundheitliche Aufklärung leisten, Ansprechpersonen sein: Das sind die Aufgaben der SRCS-Freiwilligen, denen somit eine sehr wichtige Bedeutung zukommt. Wesentlich ist außerdem die Betreuung der vor allem kleinen Patienten während der Wartezeit: Sie bringen den Kindern Wasser zum Trinken, spielen mit ihnen und vermitteln nebenher auch noch wichtige Hygieneregeln.

Versorgung von schwangeren Frauen

Zusätzlich zum vorgesehenen Nutzungskonzept, kommt einmal pro Woche auch die einzige geschulte Hebamme der Umgebung, Frau Zainab Schatti, in die Station, um vorgeburtliche Beratung zu leisten. Sie erzählte von den teils sehr jungen schwangeren Frauen, die kaum etwas über ihren Zustand und den weiteren Verlauf bis hin zur Geburt wussten. Sie suchen die Hilfe häufig erst, wenn die Wehen einsetzen. Die Geburt ihres Kindes trifft viele völlig unvorbereitet. Es ist nicht einfach für die Hebamme, den jungen Frauen zu helfen. Gerne hätte Frau Schatti, die bereits im Ruhestandsalter ist, geschulte, jüngere Kolleginnen zur Unterstützung. Leider ist es schwer, ausgebildete Nachwuchskräfte zu finden.

Arbeit am Rande der Kapazitäten

Foto: Freiwillige der Erste-Hilfe-Station in Garguf
Die Freiwilligen sind motiviert, um den geflüchteten Frauen, Männern und Kindern zu helfen.

Es war ganz offensichtlich, dass die freiwilligen Helfer wie auch die beiden geschulten Kräfte am Rande ihrer Kapazitätsgrenzen arbeiten. Dass sie vielen Patientinnen und Patienten und insbesondere Kindern nicht genügend helfen können, beschäftigt sie, auch wenn sie wissen, dass im Rahmen der Erste-Hilfe-Station keine weiteren Behandlungen vorgesehen und möglich sind. Die meisten der Freiwilligen sind selbst noch sehr jung und leisten bereits sehr viel unter diesen sehr schwierigen Bedingungen. Andernorts gibt es unter gleichen Gegebenheiten noch keine Erste-Hilfe-Stationen, die wie in Garguf und Hamdayeet wichtige Anlaufstellen sind und verhindern helfen, dass besonders kleine Kinder unter chronischen Hauterkrankungen und entzündeten Wunden leiden müssen.

Kleine Erste-Hilfe-Stationen mit großer Bedeutung

Beide Erste-Hilfe-Stationen – in Garguf und in Hamdayeet – leisten weit mehr als nur die Bereitstellung einer ersten medizinischen Basisversorgung. Sie haben große Bedeutung für die Geflüchteten und die einheimische Bevölkerung gewonnen, vor allem für Frauen und Kinder.
Die Stationen wurden sogar mit einer kleinen Solarstromanlage ausgestattet, damit ein Kühlschrank für Medikamente und die Beleuchtung betrieben werden können. Doch ohne ein Netzwerk von adäquat ausgestatteten Einrichtungen und geschultem Personal auch in anderen entlegenen Gebieten, bleiben die Erste-Hilfe-Stationen für die hilfebedürftigen Menschen ein paar kühlende Tropfen auf den heißen Wüstensand des Ostsudan. Doch jeder Tropfen zählt!

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Fotos: Kerstin Grimm/DRK

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Foto: Portrait einer DRK-Mitarbeiterin Kerstin Grimm
Kerstin Grimm ist Leiterin des DRK-Büros in Khartoum. Sie betreut diverse DRK-Projekte im Sudan, die sich vor allem an Flüchtlinge, aufnehmende Gemeinden und Binnenvertriebene richten und auf die Verbesserung der Situation in den Bereichen Hygiene und Gesundheit, Sanitärversorgung, Ernährungssicherung und Katastrophenvorsorge hinwirken.

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