Nach vier Jahren in der Türkei hat der 15-jährige Ahmed noch immer einen dringenden Wunsch: zurückkehren zu den „guten alten Tagen“ in Aleppo und vielleicht wieder zur Schule zu gehen.
Es ist kein Zufall, dass Ahmed im Kinderbetreuungsraum zu finden ist, wenn er das Gemeindezentrum des Türkischen Roten Halbmonds am Rande Ankaras besucht. Es ist einer seiner absoluten Lieblingsorte – und einer der Hauptgründe, warum er sich als Freiwilliger in dem von der EU geförderten Zentrum engagiert. Solche Gemeindezentren betreibt der Türkische Rote Halbmond landesweit, sie werden von unterschiedlichen Partnern wie z.B. dem DRK unterstützt und finanziell beispielsweise durch das Auswärtige Amt oder die EU gefördert.

Ahmed ist fast täglich dort. „Ich liebe den Raum für Kinder, die Freiwilligen dort und wie sie den Kindern Dinge beibringen“, sagt Ahmed und fährt fort: „Ich mag es auch sehr, mich mit den Kindern zu beschäftigen. Es macht mir großen Spaß, mit ihnen zu spielen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Das Beste ist, ihnen etwas beizubringen – zum Beispiel Zeichnen oder Basteln – und dann zu sehen, wie es ihnen gelingt.“
Vielleicht versucht der 15-Jährige auch, den Kindern eine Kindheit zu geben, die er selbst nicht hatte.
Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte…
Auch nach vier Jahren in der Türkei hat Ahmed noch einen wichtigen Herzenswunsch: „Ich habe nur eine Hoffnung, wenn der Krieg endet: Ich möchte zurück nach Syrien und in die „alten Zeiten“, in denen wir alle glücklich lebten. Das ist meine einzige Hoffnung“, sagt er und fügt nach einer Gedankenpause hinzu: „Ich würde auch gerne zurückgehen, die Schule besuchen und dann studieren. Aber vielleicht ist es jetzt zu spät.“
Als die Kampfhandlungen in und um Aleppo in Syrien geführt wurde, konnte Ahmed zwei Jahre lang keine Schule besuchen. „Es gab weder Strom noch Wasser und es war unmöglich, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten“, erklärt er. Heute arbeitet Ahmed in einem Friseursalon für Männer, wo er hauptsächlich Kindern die Haare schneidet.
Ein neues Zuhause finden
„Als ich in die Türkei kam, war ich glücklich, denn es gab keine Kämpfe, keine Flugzeuge am Himmel und keine Kampfgeräusche. Aber ich war auch einsam und hatte keine Freunde“, sagt er. Sein Engagement als Freiwilliger im Gemeindezentrum des Roten Halbmonds hat das geändert. „Ich habe jetzt gute Freunde hier. Besonders die Lehrer und Freiwilligen behandeln mich sehr freundlich. Ich fühle mich hier zuhause. Die Beziehungen sind warmherzig und gut“, sagt Ahmed.
Er lernt Türkisch, indem er sich mit den anderen Menschen im Zentrum austauscht. Das hat sein soziales Netzwerk erweitert und das Leben leichter gemacht. „Heute bin ich erleichtert, dass ich Türkisch gelernt habe. Es fühlt sich gut an. Ich kann mit Türkinnen und Türken Gespräche führen und beide verstehen, was sie sagen. Ich kann ein wenig von mir erzählen. Ich kann alleine einkaufen und nach den Preisen auf dem Markt fragen. Wenn jemand an die Tür klopft, kann ich mich mit ihm unterhalten, um herauszufinden, was er möchte“, sagt er und fasst zusammen: „Jetzt habe ich sowohl syrische als auch türkische Freunde. So ist es eine gute soziale Situation.“
Sein Engagement im Gemeindezentrum hat Ahmed geholfen, sich in seine neue Lebenssituation in der Türkei einzufügen. Und damit wird eine Rückkehr nach Aleppo nicht ohne Verlust sein. Das scheint ihm nach einiger Überlegung plötzlich bewusst zu werden: „Ich würde die Freiwilligen in diesem Zentrum, meine Freunde und meine Arbeit wirklich vermissen”, sagt er nachdenklich. „Es würde schwierig sein…“

Über die Gemeindezentren in der Türkei
Auch das Deutsche Rote Kreuz hilft syrischen Flüchtlingen in der Türkei gemeinsam mit dem Türkischen Roten Halbmond. In insgesamt drei Gemeindezentren unterstützt das Rote Kreuz die Flüchtlinge mit integrativen Leistungen wie Sprach-, Computer- oder Handwerkskurse. Zusätzlich können die Geflohenen unter anderem psychosoziale Unterstützung in Anspruch nehmen. Finanziert werden die Gemeindezentren mit der Hilfe des Auswärtigen Amtes.
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Fotos: John Engedal Nissen/ Dänisches Rotes Kreuz, Javier Ormeno / IFRC