Von David Kenealy, DRK-Delegierter in Haiti
Unser Zeitplan für die Durchführung einer Wirbelsturmsimulation im Department Nippes in Haiti hätte nicht perfekter sein können: Keine Woche verging zwischen dem Ende der Übung und der tatsächlichen Ankunft des Tropensturms Isaac, der direkt über Haiti hinwegging. Die Übung war somit ein hervorragender „Probelauf“ im Vorfeld der realen Ereignisse.
Über ein Jahr lang haben wir an einem Projekt gearbeitet, dessen Schwerpunkt auf der Stärkung der Kapazitäten der Kommunen und der Einsatzkräfte lag. Ein umfangreicher Lehrplan beinhaltete verschiedenste Kurse: darunter Schulungen in Erster Hilfe und für Such- und Rettungseinsätze, außerdem Einführungen in Wasserrettungsmaßnahmen, Management von Schutzräumen, Choleravorsorge und Frühwarnsysteme für Wirbelstürme und Katastrophenvorsorge.
Bis heute haben ungefähr 2.400 Teilnehmer die dreitägigen Schulungen besucht. Die geschulten Gemeindemitglieder haben außerdem Geräte und Ausrüstungsgegenstände für die Verbreitung von Informationen und die Vorbereitung für Notfälle erhalten.
Die Simulationsübung war eine hervorragende Möglichkeit, alle diese Maßnahmen zu testen und in der Praxis zu trainieren. Zunächst mussten für die Koordination verschiedene Treffen von Regierungsvertretern, dem Katastrophenschutz, dem Roten Kreuz, den Interventionsteams und den Einsatzteams der Gemeinden stattfinden. Dabei wurde darüber informiert, was zu erwarten sei und nachdrücklich darauf verwiesen, dass es sich lediglich um eine Simulation handelt.
Am 16. September war es dann soweit: Der Vertreter des Katastrophenschutzes, der für die Abteilung in Nippes verantwortlich ist, erhielt eine Nachricht vom Kontrollsystem SIMEX, dass der Wirbelsturm Ophelia mit starken Regenfällen sein Gebiet erreichen würde und eine Warnung an alle Gemeinden auszugeben sei. Ein Notfallzentrum wurde eingerichtet, und die Bürgermeister der jeweiligen Gemeinden wurden benachrichtigt. Die Bürgermeister mobilisierten ihre lokalen Notfallzentren und die Zuständigen der Gemeinden. SIMEX war im vollen Gange und wir haben alle notwendigen Maßnahmen ergriffen.

Die geschulten Gemeindemitglieder nutzten sofort die Möglichkeiten, die ihnen das Deutsche Rote Kreuz zur Verfügung gestellt hatte. Mit Hilfe von Fahnen und Megaphonen wurden die Menschen informiert und gewarnt. Sie wurden dazu aufgerufen, ihre Evakuierung vorzubereiten und sicherzustellen, dass Vorräte an Nahrung und Wasser bereitstehen.

Alle zwei Stunden gab das SIMEX Kontrollsystem neue Meldungen an die Vertreter des Katastrophenschutzes, um sicherzustellen, dass die Übung realistisch und dynamisch bleibt.
Schließlich kam die Nachricht, dass die Ankunft von Ophelia unmittelbar bevorsteht und dass die Gemeindemitglieder ihre zugewiesenen Schutzunterkünfte aufsuchen sollen. Die Interventionsteams, der Mittelpunkt unseres Projektes, führte mehr als 150 der am stärksten gefährdeten Personen zu den Notfallunterkünften.
Sie registrierten alle Betroffenen, leisteten Erste Hilfe und verteilten Nahrung und Wasser. Der Einsatz des ersten Tages war beendet und alle Beteiligten konnten sicher in ihre Häuser zurückkehren.


Am zweiten Tag lag ein stärkerer Fokus auf der Gesamtkoordination. Alle Informationen des ersten Tages, die Anzahl der Evakuierten, bestehende Kapazitäten und erste Berichte über die Schäden in den Gemeinden wurden der zuständigen Verwaltung auf örtlicher und Bezirksebene übergeben.

Zur gleichen Zeit hatten sich Ersthelfer bereits in fünf Teams zusammengefunden und kümmerten sich um verschiedene Bereiche: Koordination, Logistik, Mobilisierung, Kommunikation und Sicherstellung aller Informationen.
Die Reaktionen aller Beteiligten und die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen wurden analysiert und als Ergebnis der Wirbelsturmsimulation bereitgestellt.

Alle waren sich einig, dass es eine außerordentlich erfolgreiche und praktische Erfahrung war. Die Simulation berücksichtigte alle Bereiche, in denen das DRK Schulungen durchgeführt hatte. So hatten die Ersthelfer die Möglichkeit, die Notfallhilfe in einer kontrollierten Umgebung durchzuführen, um aus ihren Fehlern zu lernen, jedoch ohne den Druck, dass tatsächliche Opfer gleichzeitig leiden.
Vor allem aber konnte diese Übung gewährleisten, dass wenige Tage später beim tatsächlichen Tropensturm Isaac schnell und wirksam reagiert werden konnte.

Sehr schöner Blogeintrag! Mich würde interessieren wie es denn gelungen ist die Gemeinde(n) zu mobilisieren bei besagten Übungen mitzumachen und erst recht wie die Ersthelfer mobilisiert und ausgewählt wurden. Ich habe in einem ähnlichen Projekt in Belize gearbeitet und man wundert sich doch wieviel Überzeugungsarbeit (und -mittel…) man bringen muss bevor sich Leute für Ihre Gemeinde in einem solchen Umfang (und Ersthelfer im Katastrophenfall IST ein großer Umfang, von der Verwantwortung ganz zu schweigen) engagieren.
Wie gesagt, Daumen hoch für die erfolgreiche Umsetzung!; insbesondere bei den nicht nur wettertechnisch widrigen Umständen in Haiti. KH