Dramatisch wirkt sich der Klimawandel auf die Bevölkerung der Küstenregionen in Bangladesch aus. Dort versuchen Millionen von Menschen, sich an die steigenden Fluten anzupassen, etwa indem sie von der Landwirtschaft auf Fischerei umsatteln. Viele haben bereits begonnen, ins Landesinnere umzuziehen, denn das steigende Wasser bedroht nicht nur Wohnungen und Lebensgrundlagen, sondern auch die Trinkwasserversorgung.
Renuka Rani Mandal, 37, Einwohnerin von Koira, im Distrikt Khulna im Südwesten Bangladeschs, verlor ihr Haus während des Zyklons Yaas im Mai 2021. Sie lebt in einer kleinen, prekär auf einer Böschung errichteten Unterkunft. Dieses kleine Haus ist die letzte Zuflucht, die ihre Familie hat.
Renukas Familie wurde bereits viermal vertrieben und hat jedes Mal alles verloren, was sie besaß. Jeden Tag macht sich Renuka deshalb Sorgen über das stetig steigende Wasser. Die Umsiedlung ins Landesinnere scheint die einzige sichere Option zu sein, um ihre Familie vor den Folgen des Klimawandels zu schützen.

Am 26. Mai dieses Jahres schwemmten die starken Sturmfluten des Zyklons Yaas den Damm weg, der das Dorf Gantirgheri in Koira schützt, und überflutete damit das gesamte Dorf.
Das war nicht das erste Mal. Die Dorfbewohner machen sich Sorgen, dass sich das Klima ändert und dass sie immer öfter mit solchen Gefahren konfrontiert werden. Auch Farooq Hossain Gazi, 48, wurde schon mehrmals wegen schwerer Stürme aus seinen Häusern vertrieben.
„Ich habe alles verloren, als der Zyklon Aila im Jahr 2009 zuschlug. Da ich keine andere Möglichkeit hatte, meinen Lebensunterhalt zu verdienen, ging ich mit meiner Familie nach Indien. Nach elf Jahren kehrte ich in mein Dorf zurück und baute mit meinen Ersparnissen ein kleines Haus. Dieses Haus wurde während des Zyklons Amphan vom Meerwasser überflutet. Und nur ein Jahr später fegte der Zyklon Yaas mein Haus weg und ließ mich am Boden zerstört zurück. Häufige Katastrophen lassen uns immer wieder in Not geraten. Wie oft kann ich mein Leben noch neu aufbauen?“
Trinkwasserkrise durch versalzenes Grundwasser
Der Klimawandel hat in den Küstengebieten im Süden Bangladeschs außerdem zu einer Trinkwasserkrise geführt, da das Meerwasser immer häufiger große Gebiete überschwemmt.

Mehr als 30 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und etwa die Hälfte muss salzhaltiges Wasser trinken. Viele müssen jeden Tag mit dem Boot fahren, um Trinkwasser zu holen. Häufige Wirbelstürme verschlimmern die Trinkwassersituation.

Die meisten Röhrenbrunnen in den Dörfern um Gantirgheri im Bezirk Khulna stehen seit dem Zyklon Yaas vor sechs Monaten unter Wasser. Diese Brunnen sind dadurch unbrauchbar geworden.
Gemeinsames Bauen von Dämmen
Hunderte von Menschen im Süden Bangladeschs, darunter auch im Dorf Harishkhali in Satkhira, bauen freiwillig Dämme, um den Anstieg des Meeresspiegels aufzuhalten und ihre Gemeinden vor den regelmäßigen schweren Stürmen zu schützen.

Die Menschen in diesem Gebiet kommen vor und nach Klimakatastrophen zusammen, um die Dämme zu bauen bzw. wiederaufzubauen. Diese „Ringdämme“ sind eine Alternative zu Dämmen und Deichen, die aufgrund des Klimawandels regelmäßig brechen und sollen den Anstieg des Meeresspiegels vorübergehend aufhalten.
Das Haus von Abdur Rob Mridha, 70, Fischer aus dem Bezirk Barguna, liegt auf der Meeresseite des Dammes. Abdurs Familie ist eine von Tausenden, deren Häuser in dieser Gefahrenzone liegen, die jedes Jahr von Zyklonen und Stürmen getroffen wird.

Abdur erinnert sich an den Zyklon Sidr, einen der tödlichsten Zyklone aller Zeiten, der 2007 rund 10.000 Menschenleben forderte. Der Fischer wurde damals von den Wellen mitgerissen und überlebte nur knapp.
Die großen Fischergemeinschaften in den Küstenregionen Bangladeschs gehören aufgrund ihrer oft prekären finanziellen Situation mit begrenztem Einkommen zu den am stärksten von der Klimakrise betroffenen Bevölkerungsgruppen.
Die Warnsysteme haben sich in den letzten Jahrzehnten zwar verbessert, dennoch leben die Fischer in der Angst, bei Stürmen von der schweren See mitgerissen zu werden.
Von der Bäuerin zur Fischerin oder Tagelöhnerin
Rita Rani Sarkar hat in den letzten Monaten eine neue „Karriere“ als Fischerin begonnen. Zuvor besaß die Familie ein Stück Ackerland, das Rita und ihr Mann bewirtschafteten. Die Landwirtschaft in ihrem Küstengebiet ist aber nicht mehr möglich.
Nach dem Zyklon Yaas im April verlor die Familie ihr Haus und musste eine kleine Hütte auf einer erhöhten Böschung im Dorf Gantirgheri errichten.
Auch die frühere Bäuerin Sushila sagt, dass früher viele Lebensmittel von diesen fruchtbaren Böden stammten, die die Küstengemeinden das ganze Jahr über versorgten. Doch im Jahr 2020 zerstörte der Zyklon Amphan das Land. Jetzt haben Sushila und ihre Familienmitglieder das Glück, Gelegenheitsarbeit als Tagelöhner zu finden, damit sie etwas Geld haben, um sich Lebensmittel leisten zu können.

In den vergangenen sechs Monaten, seit der Zyklon Yaas ihr Küstendorf in Bangladesch heimsuchte, lebte die 60-jährige Ahladi Rani Sarkar in einer kleinen, behelfsmäßigen Hütte an einer Böschung. Es ist das zweite Mal in den letzten zehn Jahren, dass Ahladi Rani in einer solch prekären Unterkunft auf einem Schlammhügel gestrandet ist, ungeschützt den Elementen ausgesetzt.
Jedes Mal, wenn ein Sturm aufzieht, fürchtet Ahladi Rani, dass wieder alles fortgeschwemmt wird.
„Es sah nicht immer so aus. Hier war ein Feld voller grüner Pflanzen. Es gab Reisfelder im Überfluss. Unser Reisfeld lieferte uns genug Nahrung für das ganze Jahr. Aber diese Situation hat sich völlig verändert.“
Fotos: Rafiqul Montu/Bangladeschischer Roter Halbmond/ IFRC | Text: Sajid Hasan, Rafiqul Montu | Bearbeitung: Antony Balmain
Englische Version: https://ifrc.exposure.co/survivingrisingseas
» Wie hilft das Rote Kreuz den Betroffenen des Klimawandels?